Artikel aus der

"Wiener Tierärztliche Monatsschrift" (105/2018)

Rechtliche Rahmenbedingungen der (Not-)Tötung und Behandlung frei lebender Wildtiere in Österreich

Zusammenfassung:

Im Umgang mit hilfsbedürftigen Wildtieren, die in Freiheit leben, sind neben dem Tierschutzrecht und den für die Tierhaltung einschlägigen sicherheitspolizeirechtlichen Vorschriften – in Abhängigkeit von der Tierart – auch die Bestimmungen des Jagdoder des Naturschutzrechts zu beachten.
Jagdbare Wildtiere unterliegen dem Aneignungsvorbehalt der zur Jagdausübung berechtigten Personen. Nimmt eine jagdfremde Person ein hilfsbedürftiges Wildtier an sich oder führt sie an einem solchen Tier eine Nottötung durch, setzt sie sich dem Verdacht aus, einen Eingriff in fremdes Jagdrecht vorzunehmen und sich damit gerichtlich (§ 137 StGB) strafbar zu machen oder gegen das Jagdrecht zu verstoßen.

Zwar umfasst der Aneignungsvorbehalt auch Wild, das durch eine nicht jagdliche Handlung (z.B. Verkehrsunfall) verletzt wurde oder krank ist, doch zählt § 137 StGB zu den Vermögensdelikten, sodass eine Strafbarkeit nach dieser Bestimmung nur dann gegeben ist, wenn dem Jagdausübungsberechtigten ein Vermögenschaden erwächst.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die (Not-) Tötung eines verletzen oder kranken Wildtieres durch einen vernünftigen Grund“ i.S.d. § 6 Abs. 1 TSchG gerechtfertigt ist, sind neben den allgemeinen, für Heim- und Nutztiere maßgeblichen Kriterien weitere wildtierspezifische Umstände zu berücksichtigen.
Auch arzneimittelrechtlich nehmen Wildtiere eine Sonderstellung ein. Einerseits handelt es sich oftmals um Lebensmittel liefernde Tiere, sodass das diesbezügliche Regime zur Anwendung kommt, andererseits gibt es keine für Wildtiere zugelassenen Arzneimittel, sodass immer ein Therapienotstand vorliegt.